Gastbeitrag: Hochzeitstauben – des einen Freud, des anderen Leid

Heute gibt es auf meinem Blog wieder einen Gastbeitrag, doch dieser unterscheidet sich etwas von den früheren Beiträgen. Bisher haben euch Dienstleister aus der Branche Tipps für eure Hochzeit gegeben. Diesmal schreibt eine Frau für euch, die mit den negativen Auswirkungen der “Hochzeitsindustrie” in Berührung kommt. Es geht um ein Thema, welches mir persönlich sehr am Herzen liegt: Hochzeitstauben.

Sabine Brunelli betreibt seit über 10 Jahren ehrenamtlich eine Auffangstation für Tauben im Rhein-Sieg-Kreis und hat über die Jahre auch schon viele Hochzeitstauben bei sich aufgenommen. Mit ihrer Unterstützung möchte ich bei euch ein Bewusstsein für die Hintergründe und Folgen dieses Hochzeitsbrauchs schaffen. Denn leider sind diese alles andere als romantisch.

“Es soll der schönste Tag für das Brautpaar werden – sonniges Wetter, eine strahlende Braut, ein überglücklicher Bräutigam und gerührte Gäste. Der Ort romantisch, Dekoration und Blumen tadellos aufeinander abgestimmt. Und wie um die das perfekte Glück zu unterstreichen sollen als Symbol für Liebe und Treue zwei weiße Tauben aus den Händen der frisch Vermählten gen Himmel aufsteigen.

So ist es schon seit langem Tradition und es gibt, wenn man sich im Internet umschaut, genügend Anbieter, die mit hübschen Tauben in passend mit Blumen und Schleifen dekorierten Körben werben. Oft wird dazu noch ein Rund-um-Service angeboten. Die Tiere werden am Vorabend gebracht, sind mit Futter und Wasser entsprechend versorgt und müssen lediglich am nächsten Tag vor Ort mitgenommen und fliegen gelassen werden.

Darüber, dass die Tiere, aus ihrer vertrauten Umgebung genommen, viele Stunden in beengten Verhältnissen verbringen müssen und das nächste, was sie sehen eine völlig fremde Umgebung mit für sie beängstigend vielen um sie herumstehenden Menschen sein wird, machen sich die wenigsten Gedanken. Das Auffliegen der Tauben in den Himmel ist von Unsicherheit und Furcht getrieben. Sicherlich ein Gefühl, dass die Frischvermählten nicht mit ihrem schönsten Tag verbinden möchten!

Was viele Brautpaare, Gäste und Hochzeitsplaner zudem noch nicht wissen: die hübsch anzuschauenden Tauben mit gefächerten Schwanzfedern, Federn an den Füßen oder Federhäubchen auf dem Kopf haben kein solch ausgeprägtes Heimfindevermögen, wie trainierte Brieftauben. Sie sind nicht dazu gezüchtet worden, wieder zurück zu ihrem Heimatschlag zu fliegen. Bei ihnen wurde das Augenmerk auf die weiße Färbung und das hübsche Aussehen gelegt.

So verschwinden die Tauben schnell aus dem Blickfeld der Hochzeitsgemeinde und stranden, in der Aufregung der Feierlichkeit von allen schnell vergessen, im Umfeld der Location.

Unfähig nach Hause zu finden aber auch unfähig sich auf der Straße „durchzuschlagen“ irren die Tiere, die in der Regel nur ihren Schlag oder ihre Voliere kennen, förmlich erschlagen von den Eindrücken der plötzlichen Freiheit unbeholfen durch die Straßen. Sie sind die Umgebung nicht gewohnt, müssen mit fremden Geräuschen zurechtkommen und sind aus dem Verband des gewohnten Taubenschwarms gerissen. Damit nicht genug, oft hindert sie ihr hübsch anzuschauendes Gefieder daran, vernünftig zu laufen oder fliegen. Nicht selten stolpern die an den Füßen befiederten Tauben über selbige und sind durch ihre Kopfstellung oder Kopfbefiederung seheingeschränkt. Sie wirken ein wenig wie Nichtschwimmer in einem großen See.

Hinzu kommt, dass die Vögel die Fütterung des Menschen gewohnt sind. Ihr Futter wurde in Rinnen oder Näpfen gereicht. Auf der Straße finden sie jedoch keine ihnen bekannten Näpfe und erst recht nicht ihr gewohntes Futter, eine Körnermischung. Während sich die Stadttauben in ihrer Not an die Lebensmittelabfälle der Menschen gewöhnt haben, verhungern die Ziertauben.

Sofern sich nicht in den nächsten Tagen besorgte Anwohner um die Tiere kümmern und Taubenschutzvereine verständigen, sterben die Tauben, die als Symbol der Liebe gedacht waren, durch Verhungern, werden gefressen oder überfahren. Vergessen von all jenen, denen sie einen kurzen Augenblick der Freude geschenkt haben.

Und so endet der schönste Tag des Brautpaares für die weißen Tauben im schlimmsten Tag für sie selbst.”

Ja ihr Lieben, das hört sich furchtbar an und ist es auch. Bitte nehmt euch Sabines Worte zu Herzen und fragt euch vor eurer Hochzeit: Müssen es wirklich Tauben sein? Nein, oder? Es gibt so viele schöne andere Rituale für eure Hochzeit, die keinen bitteren Beigeschmack haben und ohne Tierleid auskommen. Sabine, die Tauben und ich werden es euch danken. ♥

[zitierter Text: Sabine Brunelli, Tauben-Portraits: Konstantin Kallergis]

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